Volljährigenunterhalt und Selbständigkeit

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    • Volljährigenunterhalt und Selbständigkeit

      Hallo und guten Tag,

      ich habe eine Frage zum Volljährigenunterhalt und würde mich freuen, wenn
      mit jemand einen Rat geben kann; im Voraus dafür schon herzlichen Dank.

      Zur Sache: ich habe eine volljährige Tochter, bin seit 8 Jahren getrennt
      und seit 5 Jahren geschieden. Seit einem Jahr studiert meine Tochter; ich zahle derzeit ca. 280 Euro
      Unterhalt, darüber existiert ein Titel vom Jugendamt.

      Meine geschiedene Frau hat bis vor 3 Monaten fast gleich viel verdient wie ich; ich selbst habe derzeit
      wohl knapp über 2000 Euro netto. Nun teilte mir meine Tochter per Mail mit, dass ihre Mutter sich
      selbständig gemacht habe und in der Folge kein Einkommen mehr hat. Sie ist der Meinung, dass der Unterhalt
      neu berechnet werden müsse und sie BaFöG beantragen müsse/könne.

      M.E. hat ein BaFöG-Antrag wegen meines Einkommens keinen Sinn, so dass ich Zukunft wohl den vollen Unterhalt
      (also wohl knapp 500 Euro) zahlen müsste, wenn die KM wirklich nichts verdienen würde und die Forderung so rechtens ist.

      Nun meine Fragen:

      - Meine geschiedene Frau hat ja einen gut bezahlten Job (Sie war seit 7 Jahren ohne Unterbrechung bei verschiedenen
      Arbeitgebern in Lohn und Brot) aus eigener Entscheidung aufgegeben. Immerhin mit dem Wissen, dass unsere Tochter noch studiert.
      Ist es rechtens, dass ich für diese Entscheidung letztens die Konsequenzen tragen muss? Wenn nein, wie kann ich reagieren?

      - Ist es nicht eher normal, dass eine neue Firma möglicherweise Anlaufschwierigkeiten hat, und das Einkommen
      eines Selbständigen auch grundsätzlich schwankt. Wie wären in solch einem Fall die Berechnungszeiträume für das Einkommen
      der Mutter? In verschiedenen Quellen habe ich gefunden, dass man über 3 bzw. über ein Jahr mittelt. Wie wäre in
      unserem Fall korrekt zu verfahren?

      - Wie erfolgt überhaupt der Nachweis des Einkommens bei Selbständigen, ggf. auch nach 3 Monaten? D.h. auf die Einsicht
      welcher Unterlagen hätte ich Anspruch?

      Ich bin dankbar für jede Hilfe,
      beste Grüße,
      math75
    • Hallo math,

      der Unterhalt bemisst sich ja nicht nach dem BAfög-Rechner. Dein Nettoeinkommen wird nach unterhaltsrechtlichen Prinzipien bereinigt, z.B. um private Altersvorsorge, berufsbedingte Ausgaben etc. Davon wird der Selbstbehalt von 1200 € abgezogen, und was dann noch bleibt, steht als Unterhalt zur Verfügung.

      Gibt es weitere Unterhaltsberechtigte?

      Deine Tochter ist verpflichtet, BAföG zu beantragen. Werden Leistungen gewährt, sind sie voll auf den Unterhaltsanspruch anzurechnen. Der Restbedarf wäre also 670 € minus Kindergeld minus BaföG, aufzuteilen auf beide ET anteilig nach Einkommen.

      Wer unterhaltspflichtig ist, darf sein Einkommen nicht "mutwillig" riskieren oder minimieren; andernfalls kann man ihm fiktive Einkünfte anrechnen: OLD Dresden: 20 WF 192/13

      Gruß, HT
    • Hallo edy, hallo HT,

      weitere Unterhaltsberechtigte gibt es nicht, ich glaube meine Leistungsfähigkeit liegt wirklich bei ca. 800 Euro, so dass ich von dieser Seite her wohl mit meinem Überschlag richtig liege. Aber mit dem BaföG kann mann es ja trotzdem versuchen. Gehen wir aber ruhig davon aus, dass zumindest ein erheblicher Restbetrag bleibt.

      Die Stoßrichtung meiner Hauptfragen bezog sich vor allem auf den Umgang mit der beginnenden Selbständigkeit, d.h. inwiefern ich mir eine 100/0-Teilung des Restbetrags gefallen lassen muss, ggf. ab wann (doch sicher nicht schon nach 3 Monaten) und wie man solche Dinge ggf. korrekt berechnet. Insofern vielen Dank insbesondere für den interessanten Verweis auf das Urteil. Interessant fand ich "Es gab auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller seine Vermögenssituation langfristig verbessert." Macht es ggf. Sinn, eine Planung der Firmensituation für die nächsten Jahre einzufordern?

      Vielen Dank und beste Grüße

      math75

      Dieser Beitrag wurde bereits 3 mal editiert, zuletzt von math75 ()

    • Hallo,

      Beim Bedarf von 670€ Haftungsquoten, stellt sich mir die Frage:

      Wie viel muss ein Elternteil zahlen? wenn der andere nicht leistungsfähig ist? denn in den LL des OLG Frankfurt steht:


      Für die Haftungsquote gilt
      Nr.13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus
      seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Tabelle ergibt
      Das bedeutet für mich, ausgehend vom relevanten Netto, hier Berechsnungsgrundlage ca. 2000€.

      lg
      edy
      Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe........
    • Hallo Edy,

      die Düsseldorfer Tabelle gilt meines Wissens nur für privilegierte Kinder, also nur bis 21 (wäre bei mir so) u n d wenn das Kind bei einem Elternteil wohnt (ist hier nicht so). Ansonsten wäre der Bedarf unabhängig vom Elterneinkommen 670Euro; oder ist das falsch?

      Ich will ja aber vorrangig nicht die Höhe des Bedarfs anzweifeln (ich möchte ja, dass meine Tochter das Studium machen kann), sondern die geforderte Teilung - bisher war die eben 55/45% und nicht 100/0%. Hätte sich meine geschiedene Frau nicht selbständig gemacht, spricht alles dafür, dass es so geblieben wäre - sie hat die eingetretene Situation also m.E. zumindest fahrlässig herbeigeführt. Es fragt sich also, ob mich mir das gefallen lassen muss und wenn ich mich aufgrund der Gesetzeslage nicht wehren kann, ab w a n n ich verpflichtet bin, einen größeren Anteil zu übernehmen und anhand welcher Unterlagen und Angaben die Berechnung des Einkommens einer Selbständigen erfolgt.

      Beste Grüße

      math75
    • Hallo Math,

      siehe das Zitat aus meiner letzten Antwort.

      Wenn du nur deinem Einkommen entsprechend zahlen müsstest, dann wäre es nicht dein Problem, sondern das Problem deiner Tochter.

      Dann bekäme sie halt insgesamt weniger Unterhalt.

      Evtl. kommen hier noch weitere Antworten?

      lg
      edy
      Probier's mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe........
    • Hallo math,

      ja, die DDT gilt nur für minderjährige und privilegiert volljährige Kinder, deren Lebensstellung sich an der ihrer Eltern orientiert. Bei eigenem Hausstand und damit "eigener" Lebensstellung ist der Bedarf pauschal, im Falle von Studenten 670 €. Dieser ist zu finanzieren bis zum Erreichen des SB.

      Im Zweifel gilt ja derzeit noch der bestehende Titel. Darüber hinaus gehende Beträge kann die Tochter nicht pfänden lassen. Dafür würde es eines neuen Titels bedürfen, den sie auf dem Wege der Abänderungsklage herbeiführen kann: dejure.org/gesetze/ZPO/323.html

      Ich würde mich unter Hinweis auf das o.G. Urteil zunächst weigern, das weggebrochene Einkommen der Mutter auszugleichen. Wie hat sie denn ihre Selbstständigkeit begründet? Hat sie eine sichere Stelle dafür aufgegeben, und verwirklicht sie "nur" ihren Traum? Oder wurde sie gekündigt und hat lange Zeit erfolglos versucht, einen neuen Job zu finden? Wenn der Jobwechsel freiwillig erfolgte, ist das m.E. das Problem der KM, nicht deins.
      Sie ist zwar nicht mehr gesteigert erwerbspflichtig, aber dennoch erwerbspflichtig, d.h. verpflichtet zum Vollzeitjob. Sie kannte ihre Unterhaltsverpflichtung, ehe sie selbstständig wurde. Ohne Weiteres würde ich eine Verdopplung des Unterhalts deshalb nicht hinnehmen.

      Im Zweifel würde ich mich anwaltlich beraten lassen. Als ISUV-Mitglied kommt evtl. eine kostengünstige Kurzberatung (30 €) in Betracht, aber auch eine "normale" Erstberatung (rund 200 €) hätte sich hier u.U. schnell amortisiert.

      Gruß, HT
    • Hallo math, edy, ht ...

      Die Düsseldorfer Tabelle ist schon ein wenig mehr als eine Tabelle im Format einer halben DIN-4-Seite.

      Auf der Homepage des OLG Düsseldorf ist sie als PDF downloadbar. Auf Seite 2 ist unter Anmerkung 7 beim Volljährigenunterhalt lediglich unterschieden zwischen "im Haushalt eines Elternteils" und "eigener Hausstand". Privilegiert oder nicht spielt bei der Unterhaltshöhe keine Rolle, sondern beim Selbstbehalt, Erwerbsobliegenheit, Quotelung usw. In den jeweiligen Unterhaltsleitlinien wurden die Regelungen der D´dorfer Tabelle in die Ziffer 13 übernommen.

      Bezüglich den Erwerbsobliegenheiten kann man sich nur den Ausführungen von HT anschließen.

      Gruß
      ernst

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von _Ernst_ ()

    • Hallo und vielen Dank für die Rückmeldungen,

      @Ernst: Stimmt - das habe ich übersehen (man liest halt selten juristische Texte). In der Konsequenz ist der Bedarf aber halt trotzdem 670 Euro. Halte ich persönlich in der Höhe auch für angemessen; für weniger kann man nicht studieren...

      @HT, Ernst: Ob die KM gekündigt wurde oder selbst gekündigt hat weiß ich nicht; sie ist aber direkt vom Job in die Selbständigkeit gewechselt. Sie war in den letzten Jahren nie länger arbeitslos, hat wohl eher nahtlos die Jobs gewechselt; genau weiß ich das nicht. Bisher hab ich nur die E-Mail-Ankündigung von meiner Tochter. Ich vermute aber stark, dass der Wille zur Selbstverwirklichung der Grund für den Wechsel war, nur dass sie an die finanzielle Seite völlig naiv herangegangen ist. Insofern deckt sich Eure Meinung zur Erwerbsobliegenheit mit meinem Bauchgefühl.

      Die anwaltliche Beratung werde ich wohl machen; es geht ja nicht gerade um kleine Beträge. Trotzdem freue ich mich über weitere Meinungen und Erfahrungen - solche zusätzlichen Informationen können sehr wertvoll sein.

      Beste Grüße,

      math75

      Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von math75 ()

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